Pro-Hierarchisches bzw. Contra-Egalitäres von Thomas Mann

Aus einer schmeichelhaften Rede des Felix Krull (deren geistreich formulierte Inhalte wahrscheinlich weder von diesem fiktiven Charakter noch von dessen Erschaffer sehr ernst gemeint sein werden) an den König von Portugal: "'... Es ist mir nicht unbekannt, dass es auch hier ... nicht an Elementen fehlt, - Elementen, die sich die radikalen nennen, wohl weil sie wie Wühlmäuse an den Wurzeln der Gesellschaft nagen, - abscheulichen Elementen, wenn ich meinen Gefühlen gegen sie einen immerhin gemäßigten Ausdruck geben darf, denen jedes Embarrassement, jedes politische oder finanzielle Ennui des Staates gerade recht ist, um für ihre Umtriebe Kapital daraus zu schlagen. Sie nennen sich die Männer des Volkes, obgleich ihre einzige Beziehung zum Volke darin besteht, dass sie dessen gesunde Instinkte zersetzen und es, zu seinem Unglück, seines natürlichen Glaubens an die Notwendigkeit einer wohlgestuften Gesellschaftsordnung berauben. Wodurch? Indem sie ihm die ganz und gar widernatürliche und darum auch volksfremde Idee der Gleichheit einimpfen und es durch ein plattes Rednertum zu dem Wahn verführen, es sei notwendig oder auch nur im geringsten wünschenswert - von der Möglichkeit ganz zu schweigen -, die Unterschiede der Geburt, des Geblütes, die Unterschiede von Reich und Arm, Vornehm und Gering einzuebnen, - Unterschiede, zu deren ewiger Erhaltung die Natur sich mit der Schönheit verbindet. Der in Lumpen gehüllte Bettler leistet durch sein Dasein denselben Beitrag zum farbigen Bilde der Welt wie der große Herr, der die demütig ausgestreckte Hand, deren Berührung er allerdings tunlichst vermeidet, ein Almosen legt, - und, Ew. Majestät, der Bettler weiß es; er ist sich der sonderlichen Würde bewusst, welche die Weltordnung ihm zuerteilt, und will im tiefsten Herzen nichts anders, als es ist. Die Aufwiegelung durch Übelgesinnte ist nötig, ihn an seiner malerischen Rolle irrezumachen und ihm die empörerische Schrulle in den Kopf zu setzen, die Menschen müssten gleich sein. Der Mensch kommt mit aristokratischen Sinnen zur Welt. Das ist, so jung ich bin, meine Erfahrung. ... Schöne Volksfreunde wahrhaftig, die dem Grob- und Niedriggeborenen die Freude nehmen an dem, was über ihm ist, an dem Reichtum, den edlen Sitten und Formen der oberen Gesellschaftsschicht, und diese Freude in Neid, Begehrlichkeit, Aufsässigkeit verwandeln! Die die Masse der Religion berauben, welche sie in frommen und glücklichen Schranken hält, und ihr dazu vorspiegeln, mit der Änderung der Staatsform sei es getan, die Monarchie müsse fallen und durch Errichtung der Republik werde die Natur des Menschen sich ändern und Glück und Gleichheit herbeigezaubert werden ...' ... [König:] '... Sie erwähnten die zündelnde Rhetorik der Demagogen, ihre gefährliche Beschwatzungskunst. In der Tat und unglücklicherweise trifft man die Gewandtheit des Wortes ganz vorwiegend bei solchen Leuten, Advokaten, ehrgeizigen Politikern, Aposteln des Liberalismus und Feinden der bestehenden Ordnung an. Das Bestehende findet selten Befürworter von Geist. Es ist eine Ausnahmen und sehr wohltuend, einmal zugunsten der guten Sache gut und gewinnend sprechen zu hören.'" (Aus: "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull", Drittes Buch, Neuntes Kapitel, bzw. S. 262f in der Fischer Ausgabe von 1970)
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