Zur Organisation Europas

"Was die Übung der Souveränität betrifft, ist der Unterschied zwischen Föderation und Konföderation fundamental. Die Föderation impliziert eine starke zentrale Macht mit den klassischen Gewalten des Staates. Der föderale Staat überlässt den "governorats", Ländern oder Nationalstaaten nur die Funktionen der Verwaltung und der Anpassung.
Im Gegensatz dazu überlässt die Konföderation die komplette Macht dem Staat, welcher der konföderalen Institution punktuell die Macht zur Anwendung bestimmter gemeinsamer Politiken überträgt. Der Staat kontrolliert weiterhin die Abmachungen, welche er mit seinen Verbündeten zu vereinbaren wünscht und ist dafür vor dem Volk verantwortlich. Die Föderation bedingt eine Zugehörigkeit von vornherein, die Konföderation unterstreicht hingegen vor allem die gemeinsamen Interessen. Aber auch wenn gemeinsame Interessen auf europäischer Ebene existieren, so sollten diese nicht mit einer Gemeinschaft der Zugehörigkeit, welche noch nicht existiert, verwechselt werden.
Die Völker sollten konsultiert werden. Das gemeinsame Verständnis würde verlangen, dass wir uns, um die positiven Errungenschaften der Union zu erhalten und uns gleichzeitig vor ihrer unvermeidbaren Neigung, sich von der Kontrolle der Völker zu befreien, zu schützen, in Richtung einer Konföderation neuer Art orientieren, hin zu einer "Nationalstaatenunion". Diese politische Union würde die gegenseitige Abhängigkeit mittels etwas anderem als der blinden Gehorsamkeit gegenüber den Befehlen des liberalisierten Marktes organisieren; und es würde mittels der zwischenstaatlichen Methode einige kurz-, mittel- und langfristige, gemeinschaftlich politische Ziele im Dienste der europäischen Völker definieren." (Sami Nair, französischer Politikwissenschaftler und Europaabgeordneter, in: El imperio frente a la diversidad del mundo, 2004, , S. 201f., Barcelona: Debolsillo; übersetzt aus dem Spanischen von ob)
obLink Kommentare


Kommentar von Anonymous Anonym dazu:

Wenn wir Europa in diesen Begrifflichkeiten denken wollen, muss die EU eine Konföderation werden. Denn unsere Nationalstaaten werden entmachtet, aber eben nicht von der EU, sondern von einem alle Grenzen niederreißenden Kapitalismus. Er hält sich nicht mehr an die Grenzen der Nationalstaaten und stürzt diese in Unfähigkeit. Soziale wie wirtschaftliche Probleme können von ihm nicht mehr gelöst werden, auch wenn das unsere Parteien nicht wahrhaben wollen. Es gilt die EU mit entsprechender politscher Macht auszustatten, um dem Kapitalismus wieder Grenzen zu geben, um die Politik wieder mit Macht auszustatten, um politsches Handeln wieder zu ermöglichen. Der globale Kapitalismus hat der nationalen Politik die Macht entzogen und nur gemeinsames, transnationales politisches Handeln kann eine Gegenmacht bilden. Und dieser starke Sozialstaat Europa muss natürlich dem Volk verantwortlich sein und nicht den Regierungen. Wollen wir den globalen Kapitalismus kontrollieren, regulieren, einschränken so müssen wir für ein starkes Europa eintreten und kämpfen!

schöne Grüsse
Gregor

1/11/05 12:53  
Kommentar von Blogger ob dazu:

Hierzu möchte ich den Artikel "Hat der starke Staat noch eine Zukunft?" - bei den Schlagzeilen und Artikeln verlinkt - empfehlen, wo es u.a. eine Grafik zu sehen gibt, die zeigt, dass mehr Staatsausgaben nicht unbedingt der Wirtschaft (bzw. dem BIP) schaden!

Ich kann mir dieses momentane, bedingungslose Sich-dem-Wettbewerb-aussetzen nur damit erklären, dass Staaten(bünde) Angst haben, wirtschaftlich zurückzufallen.

Und ich finde, dass die Macht in der EU nicht zu sehr zentralisiert werden sollte bzw. nur, wenn es das Volk wünscht (und jeweils reversibel). Aber in Sachen Wirtschaft ist es vielleicht nötig, damit Staaten jedenfalls innerhalb der EU nicht zurückfallen (auch wenn dies wirtschaftliche Einbußen zur Folge hat)...

4/11/05 15:12  

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