Vom Treiben der Frevler

(Oder: Von der poetischen Todesorientiertheit mancher Menschen, Anm. ob)

Die Frevler aber holen winkend und rufend den Tod herbeiUnd sehnen sich nach ihm wie nach einem Freund;sie schließen einen Bund mit ihm,weil sie es verdienen, ihm zu gehören.Sie tauschen ihre verkehrten Gedanken aus und sagen:Kurz und traurig ist unser Leben;für das Ende des Menschen gibt es keine Arznei,und man kennt keine, der aus der Welt des Todes befreit.Durch Zufall sind wir geworden,und danach werden wir sein, als wären wir nie gewesen.Der Atem in unserer Nase ist Rauch,und das Denken ist ein Funke,der vom Schlag des Herzens entfacht wird;verlöscht er, dann zerfällt der Leib zu Asche,und der Geist verweht wie dünne Luft.Unser Name wird bald vergessen,niemand denkt mehr an unsere Taten.Unser Leben geht auf wie ein Nebel,der von den Strahlen der Sonne verscheucht,und von ihrer Wärme zu Boden gedrückt wird.Unsere Zeit geht vorüber wie ein Schatten,unser Ende wiederholt sich nicht;es ist versiegelt, und keiner kommt zurück.Auf, laßt uns die Güter des Lebens genießenUnd die Schöpfung auskosten,wie es der Jugend zusteht.Erlesener Wein und Salböl sollen uns reichlich fließen,keine Blume des Frühlings darf uns entgehen.Bekränzen wir uns mit Rosen,ehe sie verwelken;keine Wiese bleibe unberührtvon unserem ausgelassenen Treiben.Überall wollen wir Zeichen der Fröhlichkeit zurücklassen;Das ist unser Anteil, das fällt uns zu.Laßt uns den Gerechten unterdrücken,der in Armut lebt,die Witwe nicht schonenund das graue Haar des betagten Greises nicht scheuen!Laßt uns dem Gerechten auflauern!Er ist uns unbequem und steht unserem Tun im Weg.Er wirft uns Bergehen gegen das Gesetz vorUnd beschuldigt uns des Verrats an unserer Erziehung.Er rühmt sich, die Erkenntnis Gottes zu besitzen,und nennt sich einen Knecht des Herrn.Er ist unserer Gesinnung ein lebendiger Vorwurf,schon sein Anblick ist uns lästig;denn er führt ein Leben,das dem der anderen nicht gleicht,und seine Wege sind grundverschieden.Als falsche Münze gelten wir ihm;Von unseren Wegen hält er sich fern wie von Unrat.Das Ende der Gerechten preist er glücklichund prahlt, Gott sei sein Vater...

Wie sehr diese alte Stelle aus der Bibel (Buch der Weisheit, 2) doch die aktuelle Situation beschreibt, nicht?

Wiederentdeckt in der Sammlung beim Thema (Un)Glaube.
Die DenkerLink Kommentare


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