Wir sind alle nicht perfekt, und deshalb ist es wichtig, dass die eigenen besseren Aspekte mit denen des Liebespartners gut korrespondieren, um sich gemeinsam zu verstärken, „abheben“ zu können (z.B. durch einen ähnlichen Humor, gemeinsamen Einsatz ähnlicher Talente oder auch gegenseitige Bereicherung durch sich gut ergänzende Unterschiedlichkeit). Dies sollte man sich vor allem dann vor Augen halten, wenn man verlassen wurde. Denn durch diese, meist selbst bei offensichtlichen Inkompatibilitäten verletzende Zurückweisung und emotionale Unterdrückung (und natürlich ggf. auch durch einen Zustand der Verliebtheit) tendiert man instinktiv dazu, die Stärken des verlassenden Partners und gleichzeitig die eigenen Schwächen übertrieben stark wahrzunehmen („Liebe macht blind“ – was natürlich in einer funktionierenden Beziehung auch sehr schön sein kann, v.a. wenn es auf Gegenseitigkeit beruht). Und dies ist weder für das eigene Selbstbewusstsein und Wohlbefinden, noch für den Partner gut, da man ihm folglich eventuell zu unrecht Vorwürfe macht, ihm gegebenenfalls notwendige Hilfe verwehrt (obwohl er eben nach wie vor seine Schwächen und Probleme hat!), von ihm den eigenen Erfolg abhängig macht, u.ä. Dabei wäre es sinnvoller, sich im Sinne der eigenen, für eine gesunde Beziehung wichtigen Selbstständigkeit und dem Finden eines kompatibleren Partners, wieder seiner eigenen Stärken zu besinnen, diese weiter zu verstärken – und dem Partner somit auch Freiraum zur Besinnung zu lassen. Vielleicht erkennt der Verlassende in diesem Prozess ja die eigentlich gute Kompatibilität in der zurückgelassenen Beziehung wieder („Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir – für immer.“ Konfuzius). Und wenn nicht, dann gibt es eben keinen Grund, dies persönlich zu nehmen, auch wenn dies aufgrund der automatischen emotionalen Prozesse schwierig zu erkennen ist. Sollte die emotionale Beruhigung nicht helfen, dann wird man spätestens, wenn man einen kompatibleren neuen Partner gefunden hat, erkennen, dass die Trennung oder Reduktion der Beziehung auf eine Freundschaftsebene gut war. Ohne neuen, kompatibleren Partner könnten die negativen Aspekte von Einsamkeit zwar gegenüber den negativen Aspekten einer wenig kompatiblen Beziehung überwiegen, jedoch sollte man sich fragen: will man einem Menschen, den man liebt, wirklich höheres Glück verwehren, nur damit man selber ein wenig glücklicher ist?
„Es gibt nichts Schöneres, als geliebt zu werden, geliebt um seiner selbst willen oder vielmehr trotz seiner selbst.“ Victor Hugo