Zum Thema Staat passende Textstellen:

...Weil sie das Verhältnis zwischen den befähigenden und den repressiven Funktionen des Staats ändern wollen, beanspruchen die Staatsangehörigen größeren Einfluss auf die staatliche Tätigkeit, auf die Gesetze, die der Staat erlässt und durchsetzt; sie fordern die Ausübung ihrer Bürgerrechte. Ein Staatsbürger zu sein bedeutet, über die Staatsangehörigkeit (die Trägerschaft der staatlich definierten Rechte und Pflichten) hinaus eine Stimme bei der Festlegung der Staatspolitik zu haben (d.h. bei der Definition solcher Rechte und Pflichten). Mit anderen Worten befähigt die Staatsbürgerschaft dazu, die Aktivität des Staates zu beeinflussen und damit an der Definition und praktischen Gestaltung von "Recht und Ordnung" mitzuwirken, die sich unter seiner Obhut befinden. Um einen derartigen Einfluss in der Praxis auszuüben, müssen die Staatsbürger einen gewissen Grad an Autonomie gegenüber staatlicher Regulierung genießen. Der staatlichen Einmischung in die Handlungsfähigkeit der Staatsangehörigen müssen Grenzen gesetzt sein. Auch hier finden wir wieder den Konflikt zwischen den befähigenden und repressiven Aspekten staatlichen Handelns.  Dieses Mal jedoch beziehen sich Befähigung und Repression auf das prinzipielle Vermögen, die Politik des Staates zu beeinflussen und etwaigen exzessiven Ansprüchen von seiner Seite einen Riegel vorzuschieben. Die Staatsbürgerschaft erfordert, dass der Staat in seiner Fähigkeit einzuschränken eingeschränkt wird; dass er nichts tut, um die Staatsbürger daran zu hindern, seine Politik zu kontrollieren, zu bewerten und zu beeinflussen.; sondern ganz im Gegenteil zu allem verpflichtet ist, was eine derartige Kontrolle und eine derartige Einflussnahme möglich und effektiv macht. Beispielsweise lassen sich Bürgerrechte nicht voll ausüben, wenn das staatliche Handeln von einem Schleier des Geheimnisses umgeben ist, wenn die "normalen Bürger" keinen Einblick in die Absichten und das Tun der politischen Führung haben, wenn ihnen der Zugang zu denjenigen Informationen verwehrt wird, die allein gestatteten, die Konsequenzen der Staatsaktivitäten realistisch einzuschätzen. Die Beziehungen zwischen dem Staat und den Staatsangehörigen sind oft gespannt, weil letztere sich gezwungen sehen, um die Erlangung ihrer Bürgerrechte zu kämpfen oder sie gegen die Bedrohung durch wachsende Ansprüche des Staates zu verteidigen...

...Der Arzt sagt nun dem Patienten, was zu tun ist. Er erwartet Disziplin, nicht Diskussionsbereitschaft. Denn schließlich fehlen dem Patienten sowohl das Wissen, um die Ursachen der Krankheit und den Weg zur Gesundung zu erkennen, als auch die Charakterstärke, um nach diesem Wissen zu handeln (im allgemeinen achten Ärzte darauf, indem sie sich hinter ihrem Spezialistenwissen verstecken, dass dieser Zustand des Unwissens und die daraus folgende Abhängigkeit erhalten bleiben). Die Forderung nach der Unterwerfung und bedingungsloser Unterordnung verbindet der Arzt mit der Erklärung, er täte dies nur zu des Patienten eigenem Besten. Der Staat rechtfertigt seine Forderung nach unbestrittener Durchführung seiner Maßnahmen in den gleichen Begriffen. Dies ist ein typisches Kennzeichen für pastorale Macht - Macht ausgeübt "im besten Interesse" der Staatsangehörigen, die gegen ihre eigenen krankhaften Neigungen geschützt werden müssen. Die Asymmetrie eines solchen Verhältnisses tritt am deutlichsten beim Informationsfluss zutage... 

 

Zygmunt Bauman in: Vom Nutzen der Soziologie (Angebot: Buch; weitere Textstellen unter Gesammeltes/Anstößiges)

 

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Henry David Thoreau in: Walden und Über die Pflicht des zivilen Ungehorsams

...i was seized and put into jail, because, as i have elsewhere related, i did not pay a tax to, or recognize the authority of the State which buys and sells men, women, and children, like cattle, at the door of its senate-house... wherever a man goes, men will pursue and paw him with their dirty institutions, and, if they can, constrain him to belong to their desperate odd-fellow society.... it is true, i might have resisted forcibly with more or less effect, might have run "amok" against society; but i preferred that society should run "amok" against me, it being the desperate party. ... i was never molested by any person but those who represented the State. ... i am convinced, that if all men were to live as simply as i then did, thieving and robbery would be unknown. these take place only in communitites where some have got more than is sufficient while others have not enough. .. "You who govern public affairs, what need have you to employ punishments? Love virtue, and the people will be virtuous. The virtues of a superior man are like the wind; the virtues of a common man are like the grass; the grass, when the wind passes over it, bends." 

restless commited men, whose time was all taken up in getting a living or keeping it; ministers who spoke of God as if they enjoyed a monopoly of the subject, who could not bear all kinds of opinions; ...young men who had ceased to be young, and had concluded that it was safest to follow the beaten track of the professions.... the old and infirm and timid, of whatever age or sex, thought most of sickness, and sudden accident and death; to them life seemed full of danger, -what danger is there if you don'T think of any- and they thought that a prudent man would carefully select the safest position, where Dr. B. might be on hand at a moment's warning. 

But the only true America is that country where you are at liberty to pursue such a mode of life as may enable you to do without these [coffee, tea, meat, butter - unnecessary luxury], and where the state does not endeavor to compel you to sustain the slavery and war and other superfluous expenses which directly or indirectly result from the use of such things.[...]
I should be glad if all the meadows on the earth were left in a wild state, if that were the consequence of men's beginning to redeem themselves. A man will not need to study history to find out what is best for his own culture. 

 

Henry David Thoreau in: Walden und On the Duty of Civil Disobedience (Angebot: Buch, deutsche Version; weitere Textstellen aus Walden und seine kompletten Essay On the Duty of Civil Disobedience - die deutsche Version Über die Pflicht des zivilen Ungehorsams ist auch als Hörbuch erhältlich - finden Sie unter Gesammeltes/Anstößiges/Thoreau)

 

 

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Konrad Lorenz in: Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit

Man muss sich fragen, was der heutigen Menschheit größeren Schaden an ihrer Seele zufügt: die verblendende Geldgier oder die zermürbende Hast. Welches von beiden es auch sei, es liegt im Sinne der Machthabenden aller politischen Richtungen, beides zu fördern und jene Motivation bis zur Hypertrophie zu steigern, die den Menschen zum Wettbewerb antreiben...ich halte es aber für sehr wahrscheinlich, dass neben der Gier nach Besitz oder nach höherer Rangordnungs-Stellung, oder nach beidem, auch die Angst eine sehr wesentliche Rolle [für diese Motivation] spielt, Angst im Wettlauf überholt zu werden, Angst vor Verarmung, Angst, falsche Entscheidungen zu treffen und der ganzen aufreibenden Situation nicht oder nicht mehr gewachsen zu sein...Der hastende Mensch ist nicht nur von Gier gelockt, die stärksten Lockungen würden ihn nicht zu so energischer Selbstbeschädigung veranlassen können, er ist getrieben, und was ihn treibt, kann nur Angst sein.
Ängstliche Hast und hastende Angst tragen dazu bei, den Menschen seiner wesentlichsten Eigenschaften zu berauben. Eine von ihnen ist die Reflexion...


Weitere Textstellen (ohne Inhaltsverzeichnis)

...nach Entdeckungszeitpunkt geordnet (ältere Texte zuerst). Aus Faulheit bzw. Zeitmangel werden wir nicht mehr jeden weiteren (neu hinzukommenden) Text direkt im Inhaltsverzeichnis verlinken! Vielleicht finden wir später irgendwann einmal Zeit dazu - oder ein Verleger :)
 

[...] Mit Tschernobyl fängt eine neue Periode des kritischen Denkens an. Wie es im Hamlet heißt: "Wahnsinn bei Großen kann nicht ohne Wache gehen." Wenn historische Folgen gesetzt werden nicht etwa auf Enkel, sondern auf 300 000 Jahre folgender Geschichte, ... Beobachten wir solche Diskrepanzen im Maßverhältnis von Verantwortlichkeit und Zeit, dann setzt eine neue Reflexion ein, nicht erst am 11.9.2001. Wem sprechen wir die Autorität zu, über uns zu bestimmen? Was heißt Kontrolle von unten nach oben? Das sind Fragen... bis hin zum Aufstand gegen eine falsch zusammen gewachsene Realität. (Aus einem Kommentar? Alexander Kluges zu Tschernobyl; gesichtet in den Unterlagen zum Kurs Umweltökonomik, Teil Umweltgeschichte von J. Nussbaumer, 2004) - auch angebracht bei den Themen Atomenergie und Politik.

 

PRO WENIGER STAAT/ANARCHISMUS/GEGEN BEVORMUNDUNG/PRO FREIHEIT

„[Unter den Zeitschriften und Zeitungen, in welchen einige meiner Essays später erschienen sind,] sind katholische, konservative, liberale, kapitalistische und sozialistische Meinungen vertreten. All diesen Kreisen bin ich Dank schuldig. - Doch am meisten freut es mich, dass in dieser Liste auch eine anarchistische Publikation enthalten ist. Unglücklicherweise hat sie ihr Erscheinen eingestellt, und das geschah nicht, weil sie dem Druck der Verfolgung weichen musste, sondern weil die geistige Gleichgültigkeit gegenüber den Problemen der Freiheit des Individuums ständig größer wurde – ein anderes Beispiel für die zwar nicht bösartige, aber sinnlose Tyrannei, die in den integrierten modernen Massengesellschaften entsteht. Bei der Formulierung des Titels für dieses Buch, Freedom from Government, habe ich das hohe, aber zum Scheitern verurteilte Ziel der Anarchisten vor Augen gehabt. - Universität von Puerto Rico, Oktober 1962, Leopold Kohr“ (S. 9f)

„Die am vernünftigsten begründete Theorie vom Sozialkontrakt ist die von John Locke. Während Hobbes und Rousseau, der eine im Staat, der andere in der Gesellschaft, die Idee eines sterblichen Gottes vermitteln, vor dem jeder einzelne sich beugen muss, stellt sich Locke einen Staat vor, dessen gesetzgebende und verwalterische Gewalten auf den Zweck, Leben und Eigentum zu schützen, streng begrenzt bleiben. Denn es ist dieser Zweck, der anfangs zur Gründung einer Gemeinschaft geführt hat.“ (S. 17f)

PRO STAATSKONTROLLE/REVOLUTION/FREIHEIT

„Während also der Kontrakt [Sozialkontrakt bzw. Staat, Anm.] eine unauflösliche Gemeinschaft geschaffen hat, sind deren Vertretungen nicht unauflöslich. Sie können im Notfall durch eine Revolution beseitigt werden, wann immer sie dem Zweck zuwiderhandeln, für den freie Menschen übereingekommen sind, ihre Freiheit einzuschränken.“ (S. 18)

AD STAATSTHEORIE „ALLGEMEIN“

„Bei Hobbes dient der Staat dem souveränen Herrscher. Er begründet den Totalitätsanspruch der Regierung. Bei Rousseau dient der Staat der souveränen Gesellschaft. Er begründet den Totalitätsanspruch des Volkes. Bei Locke dient der Staat dem einzelnen. Er ist die vernunftmäßige Begründung des Verfassungsstaates. – Es ist nicht möglich, über die Theorien vom Ursprung des Staates zu sprechen, ohne [die vielleicht klarsten Theorien von] Plato und Aristoteles zu erwähnen. … Die einzige Frage ist: Wessen angenehmes Leben soll gesichert werden? Das des Staates, wie es die Verfechter des Autoritätsprinzips behaupten mögen? Das des Volkes, wie es die Kollektivisten fordern würden? Das der Regierung? – Die Philosophie der Politik [Aristoteles] lässt nur eine Antwort zu – das des einzelnen. Wenn Aristoteles von der Lebensweise spricht, um derentwillen die Menschen ihre Gemeinschaft errichten, beschreibt er ihre ‚natürliche Annehmlichkeit und das Wohlbefinden’, Begriffe, die nur für die Einzelpersönlichkeit eine Bedeutung haben.“ (S. 18ff)

Die Seitenangabe(n) beziehen sich auf Kohr, Leopold (1965), Weniger Staat: Gegen die Übergriffe der Obrigkeit, Wien und Düsseldorf: Econ. Textstellentitel hinzugefügt von ob. Das Buch wurde Ende 2005 vom Radiosender Österreich 1 erwähnt und scheint auch anderen Indizien zufolge nachhaltig bekannt geworden zu sein, was auf eine gewisse Qualität schließen lässt.
 

 

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