Medianeinkommen als Wohlstandsindikator

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Medianeinkommen als Wohlstandsindikator

Beitragvon Redaktion » 02.02.2011, 21:28

{L_IMAGE}Wenn Politiker überhaupt das Einkommen der Menschen als Wohlstandsindikator heranziehen, dann meist das Durchschnittseinkommen. Aus demokratischer Sicht wäre es heute jedoch sinnvoller, vom Medianeinkommen zu sprechen. Wenn es nämlich in einer Gesellschaft einige wenige Menschen gibt, die sehr viel verdienen, und sehr viele, die im Vergleich dazu sehr wenig verdienen, so gibt das Medianeinkommen besser wieder, wieviel die Mehrheit einer Bevölkerung ungefähr verdient. Positive oder negative Ausreißer am Anfang oder Ende einer Skala, also im Falle einer sozialen Einkommensskala die Einkommen von selten viel oder wenig verdienenden TeilnehmerInnen einer Gesellschaft, fallen beim Medianwert nämlich anders als beim Mittelwert nicht ins Gewicht.

Das folgende Beispiel eines aus 10 Menschen mit unterschiedlichen Einkommen bestehenden Staates soll den Unterschied zwischen Durchschnittseinkommen und Medianeinkommen aufzeigen.

Beispiel

Mensch 1: 100 Euro Einkommen
Mensch 2: 100 Euro Einkommen
Mensch 3: 20 Euro Einkommen
Mensch 4: 20 Euro Einkommen
Mensch 5: 20 Euro Einkommen
Mensch 6: 10 Euro Einkommen
Mensch 7: 10 Euro Einkommen
Mensch 8: 10 Euro Einkommen
Mensch 9: 10 Euro Einkommen
Mensch 10: 10 Euro Einkommen

Die Höhe des Durchschnittseinkommen läge in diesem Staat bei: 31 Euro
Die Höhe des Medianeinkommen läge in diesem Staat hingegen bei nur: 15 Euro

Wie man sieht, liegt im Beispiel das Durchschnittseinkommen, bedingt durch das sehr hohe Einkommen einiger weniger Menschen, deutlich über dem Einkommen der Mehrheit. Das Medianeinkommen gibt die Situation der Mehrheit der Menschen in dem Beispiel, und wahrscheinlich auch in vielen modernen Staaten, genauer wieder.

Wie man einen Durchschnitt berechnet ist hinlänglich bekannt. Aber für jene, die noch nicht wissen, was ein Median ist, hier ein weiteres Beispiel zur Berechnung des Medianwerts:

Will man aus den Zahlen 4, 2, 5, 1, 3 (worunter man sich auch einzelne Einkommen vorstellen kann) den Median berechnen, so muss man sie zuerst ordnen:

1, 2, 3, 4, 5

Anschließend wählt man einfach die Zahl in der Mitte, also jene, neben welcher links und rechts gleich viele Zahlen stehen. Der Medianwert in diesem Berechnungsbeispiel ist also:

3

In Österreich liegt das Medianeinkommen bspw. bei 1.584 € netto (umgerechnet auf 12 jährliche Monatsgehälter, was den Monatswert gegenüber jenem bei in Österreich üblichen 14 Monatsgehältern etwas anhebt). (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bezugnehmend auf EU-SILC 2008). Ohne diese vom Ministerium "natürlich" gemachte beschönigende Umrechnung, also bei üblicheren 14 Monatsgehältern, liegt das monatliche Medianeinkommen bei 1.358 €. In Deutschland liegt das Medianeinkommen bei 1.354 € netto (umgerechnet auf 12 jährliche Monatsgehälter), 1.160 € (umgerechnet auf 14 jährliche Monatsgehälter) bzw. 1.249 € (umgerechnet auf in Deutschland üblichere 13 Monatsgehälter). (Kalkuliert basierend auf der Angabe des jährlichen Medianeinkommens 2006 in Deutschland im FAZ-Artikel "Die Mittelschicht schrumpft")

Viele Ökonomen waren zwar bislang der Meinung, dass große Einkommensungleichheiten wichtig für das Funktionieren einer Marktwirtschaft sei (man denke an das Individuen und Unternehmen unterstellte engstirnige Streben nach Geld), jedoch denken inzwischen viele Wirtschaftswissenschaftler um. (Siehe den Artikel "Arm und Reich: Ökonomen entdecken die Verteilungsfrage neu" vom 01.02.11 in der "Zeit" für nähere Details dazu)

Bei aller Wichtigkeit von (ggf. gesetzlich bzw. in manchen Ländern sozialpartnerschaftlich geregelten) Einkommen in sehr arbeitsteiligen und individualistischen Gesellschaften sollte man jedoch nicht auf die Bedeutung von (sinnvollen und nicht bloß mit Mitleid begründbaren) direkten Sozialleistungen vergessen, vor allem in (ehemaligen?) "Wohlfahrtsstaaten" wie Österreich.

Vergleiche:

Vermögensverteilung und Demokratie
Länderranking nach Vermögensverteilung
Artikel zur Bedeutung von Umverteilung
Artikel zur Bedeutung von Umverteilung 2
Wikipedia über den Median
Statistikseite über den Median



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