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Wir strebern uns zu Tode

"Die Bergmäher bei aufsteigendem Gewitter" von Albin Egger-Lienz (1868–1926)Kennen Sie sie auch, die Menschen, die eben erst ein mühsames, langwieriges und „natürlich“ unbezahltes Studium abgeschlossen haben, um einen unbezahlten, aber anspruchsvollen Praktikumsplatz in einem angesehenen Unternehmen mit bedenklichen Geschäftspraktiken zu erhalten? Die nun, da Sie durch viel Fleiß eine schlecht bezahlte, aber immerhin fixe Anstellung erhalten haben, aus einer Mischung aus Angst und Dankbarkeit doppelt so lang arbeiten als gesetzlich vorgesehen und nebenbei, um ganz sicher nicht untätig zu erscheinen, an „Feierabenden“ und Wochenenden für eine teure Zusatzausbildung lernen? Die ihre Arbeitsmails auch in der Freizeit bearbeiten und auf Arbeitskollegen geringschätzig herabschauen, die nicht ebenso strebsam agieren wie sie selbst? Die mit 25 einen Lebenslauf vorweisen können, der auf mindestens 50 Jahre Berufserfahrung schließen lässt?

Da dieser Menschtypus immer gewöhnlicher zu werden scheint, sollten wir uns da nicht rechtzeitig die Frage stellen, ob wir in solch einer von fremdmotivierter Arbeit dominierten Welt leben wollen, in der es kaum mehr Zeit gibt, um die Errungenschaften von Wissenschaft, Kultur und Technik zu nutzen und zu genießen, ein gutes Leben zu leben und zu fördern? Sollen wir wirklich Hochachtung vor diesen Menschen und dem hauptsächlich unternehmerisch orientierten Leistungssystem, das sie fördert oder bedingt, haben? Sollten wir uns stattdessen nicht lieber politisch und persönlich für Arbeitsbedingungen, -zeiten und -einkommen einsetzen, die möglichst vielen Menschen ein gutes Leben ermöglichen, anstatt auf Kosten der anderen, wie z.B. der zunehmenden Arbeitslosen oder prekär Beschäftigten, schlecht zu leben? Wozu dienen die bisherigen Fortschritte in Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Technik, u.v.m., wenn sie nicht einmal jenen, die noch am ehesten davon profitieren, besonders nützlich sind, weil sie unter Zeitmangel, Stress, Überfluss und einer problematischen sozialen, politischen und natürlichen Umgebung leiden?

Lasst uns gemeinsam möglichst so leben und für solcherlei Lebensbedingungen eintreten, die wir für gut und richtig halten, und nicht Marionetten der Ideen einzelner Politiker und Unternehmer sein! Das ist gelebte Demokratie, und eine bessere Herrschaftsform hat sich bisher nicht bewiesen, weshalb wir tagtäglich für unsere Verantwortung gerade stehen und unsere individuelle und gemeinsame Macht bestmöglich nutzen sollten.

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